Nun ist er also geschehen. Der erste Sieg von Rapid Wien im Jahr 2017. Und es war sogar ein guter Sieg. Die Mannschaft hat Sankt Pölten ganz klar dominiert und mehr als verdient mit 3:1 gewonnen. Joe hat gerackert und gekämpft wie ein Irrer. Das macht ihn wohl zu einem „typischen Rapidler“. Ich habe allerdings – außer vielleicht Lucio und Hulk – glaube ich, noch nie einen derart potscherten und ungelenken, professionellen Fußballer aus Brasilien gesehen. Was da bei den meisten geschmeidig kommt, kommt bei Joe sehr grob. Aber gut, er kämpft und das soll so sein.
Jetzt steht Rapid also im Halbfinale des heimischen Cups. Eines Bewerbs, der uns in den letzten 20 Jahren nie besonders viel Freude bereitet hat. Und das ausgerechnet in einer Saison, die uns weniger Freude bereitet als sonstwas. Ich hoffe jetzt nur auf eine gute Auslosung. Auch wenn ich gar nicht genau weiß, was denn eine solche überhaupt wäre. Vom Gefühl her, hätte ich jetzt gerne ein Heimspiel, einen Heimsieg gegen die Admira. Und dann im Finale gegen den LASK – den zweiten Verein des Landes, der mir am Herzen liegt. Tja, aber gut, es kommt ja eh so, wie es irgendwer am Sonntag auslosen wird. Und nie so wie ich es mir wünsche 🙂
Was die Leute um Rapid herum aber gestern vermutlich noch viel mehr interessierte, ist die Frage, wie es mit Trainer Canadi weitergeht. Hätte ein Scheitern gestern sein Aus bedeutet? Wir werden es nie erfahren. Aber was bedeutet der Sieg gestern? Alles wieder gut? Greift sein System endlich?
Meine ganz persönliche Meinung zu dieser ganzen „Trainer-Diskussion“ um DaCa
Ich habe mir schon viel erwartet von unserem neuen Trainer, als er letztes Jahr installiert wurde. Ich fand seine ersten Auftritte in den Medien recht vernünftig und seriös. Es machte Sinn, was der Mann von sich gab. Auf dem Platz zeigte sich erst mal noch nicht viel vom neuen System. Aber man hoffte auf eine starke Wintervorbereitung. Da sollte das alles vernünftig implementiert werden und dann im Frühjahr greifen. Nunja, das klappte alles nicht so wirklich. Keine Ahnung, wie das Frühjahr verlaufen wäre, hätte man gegen die Austria nicht noch in der Nachspielzeit den Ausgleich kassiert. Vielleicht hätte ein Lauf begonnen. Vielleicht aber auch nicht. In jedem Fall folgte eine lähmende Phase der Ausreden, des „sich nicht belohnens“. Der Trainer beklagte sich über mangelndes Glück, über die Spieler, über die Vorgänger, über Journalisten. Und das alles machte ihn mir ziemlich klein. Das machte ihn nicht zum souveränen „Alpen-Guardiola“, sondern viel mehr zu einem ignoranten Hausmeister, der beleidigt und harsch auf Gegenwind reagiert. Seine Bilanz in der Liga ist auf jeden Fall ein Desaster. Die Auftritte auf dem Platz schwanken zwischen „eh ganz ok“ und „was soll das denn sein“. Gegen die „Großen“ spielt man recht gut mit, trifft halt nix. Gegen die „Kleinen“ hat auch Canadi (wie zuvor Barisic) keine Lösung. Einige Verletzungen machen das alles auch nicht besser. Wobei mir nur Schobesberger wirklich wirklich fehlt. Alles in allem gibt Canadi im Umgang mit den Spielern und den Medien ein trauriges Bild ab. Er behält auch stur (konsequent?) sein System bei – auch wenn die Spieler dafür nicht die richtigen sind. Er ähnelt in gewisser Weise unserem Teamchef Koller in seiner eher erfolgsfreien Phase. Starr und dünnhäutig. Ganz persönlich glaube ich nicht, dass Canadi auf längere Sicht zu Rapid passt.
Geht´s so weiter? Wie geht´s weiter?
Was ihn noch länger im Sattel halten kann, sind zum einen (natürlich) Erfolge auf dem Platz. Zum anderen die Tatsache, dass der „Trainerverschleiss“ jetzt schon ziemlich groß (und teuer) war in diesem Jahr seit letztem Juni. Und vermutlich auch die fehlenden Alternativen. Wer soll jetzt übernehmen? Kühbauer? Herzog? Lederer? Slomka – der ja immer genannt wird, wenn hierzulande ein Trainer gesucht wird?
Aber ich lasse mich natürlich gerne überraschen. Entweder von einem runderneuerten, erfolgreichen, (plötzlich) souveränen Canadi – oder einer spannenden Alternative. Diese Saison hat auch den Fans viel viel Kraft und Nerven gekostet. Und außer dem Cup-Halbfinale sind noch immer nicht allzu viele Sonnenstrahlen erkennbar.