Transferzeit. Das ist die Zeit im Fußballjahr, in der die Gierigen noch gieriger und die Verrückten noch verrückter werden. Im Stundentakt präsentieren diverse, daueraufgeregte Plattformen die neuesten Gerüchte. Immer neue Jungstars werden mit den immer gleichen Vereinen verbandelt. Jeder neue gehypte Super-Jungstar ist jetzt immer und gleichzeitig ein Thema bei Real, Barca, United, City, PSG und Chelsea. Aberwitzige Unsummen werden kolportiert. Die offiziellen Vereinsstellen drucken die immer gleichen G´schichtl. „Mit uns hat noch niemand über X gesprochen.“ „Uns liegt keine Anfrage für X vor.“ X bestätigt dann auch eilfertig, dass er sich bei Verein Y total wohl fühlt und ja noch Vertrag bis 2021 hat. Und es wundert sich natürlich kein Mensch mehr, wenn X dann übermorgen für XX Millionen Verein Y verlässt, um „den nächsten Schritt zu machen – und sich seinen Kindheitstraum zu erfüllen.“
Denn die Hackordnung ist klar. Ganz unten kommen mal die Vereine der ganz kleinen Ligen der ganz kleinen (finanzschwachen) Länder – vornehmlich aus dem Osten. Dort dürfen sich dann z.B. Vereine aus einer kleinen Liga wie der unsrigen bedienen. Sie kaufen dort alles, was halbwegs geradeaus laufen kann. Mit ein bissl Glück schlägt der Geradeausläufer bei uns ja ein. (Seit einigen Jahren gibt es hier aber gottseidank auch ein Umdenken und unsere Vereine bilden junge Spieler aus, die dann von daheim aus die Hackordnungsreise starten…) Und dann geht´s in die nächste Liga. Das ist bei uns – je nach Talent – entweder die zweite oder gleich die erste deutsche Liga. Dort wird dann raufverkauft bis zu den Großen, d.h. Dortmund und vor allem Bayern. Letztere müssen eigentlich keine Spieler mehr verkaufen, weil sie schon fast ganz oben in der Hierarchie sitzen. Aber trotzdem gibt es darüber dann noch zum einen die superreichen englischen Clubs oder PSG – und natürlich das oberste Ende der Hackordnung, sprich Real Madrid und Barcelona. Manchester United gehört da finanziell, nicht sportlich, auch dazu. Dort angekommen, wird man nicht mehr weggekauft, sondern maximal abgegeben, weil man Platz (und Kleingeld) für den nächsten 100 Millionen Transfer braucht.
Verträge haben heute nur mehr lange Laufzeiten – aber nicht, um erfüllt zu werden sondern um den Preis in die Höhe zu treiben. Ausstiegsklauseln werden reingeschrieben, damit sie entweder gezogen oder dem Jungstar ein Jahr später teuer abgekauft werden können. Geldgeile, schmierige Berater verdrehen in der Regel nicht allzu hellen Jungstars halbjährlich den Kopf mit aberwitzigen Visionen, Wochengehältern und immer neuen Versprechungen. Dabei geht es zumeist nicht, darum, was für den Jungstar sportlich der beste nächste Schritt wäre, sondern, womit man am meisten Provisionen, Vermarktungsgelder und „Handgelder“… rausschlagen könnte. Die „hohe Schule“ der Beratungskunst ist das unbequeme Rauspressen der Jungstars aus dem hochdotierten Vertrag von vorgestern.
Seit dort Geld und Verstand abgeschafft worden sind, wird immer wieder auch die chinesische Karte ausgespielt. Sportlich weitgehend wertlos, finanziell irrsinnig und irrsinnig reizvoll.
Transferzeit hat ein bissl was von einem gepflegten mittelschweren Unfall oder Malheur. Man mag eigentlich nicht hinschauen und möglichst rasch daran vorbeigehen. Aber dann tut man es doch, man riskiert einen Blick. Und schaut sich die diversen Spekulationsseiten an, die Mbappé oder Aubameyang gerade alle drei Tage für eine neue Rekordsumme wieder bei einem neuen Verein sehen. Richtig überhitzen werden dabei wie immer die englischen Vereine, die dank absurder TV-Gelder für jeden halbwegs brauchbaren Verteidiger schon ab 30 Millionen Euro Ablöse zahlen. Das sind dann die Superstars, die wir im nächsten Europaleague Viertelfinale stümpern sehen und uns wundern, warum irgendwer für die überhaupt mehr als 3 Millionen ausgegeben hat.
Aber gut, der Irrsinn hat Fußballeuropa gepackt. Österreich spielt dabei gottseidank nur sehr am Rande mit. Der rote Bullen-Konzern deckt sich Sommer für Sommer mit neuen potenziellen „Rohdiamanten“ ein, die dann versuchen den Liefering-Salzburg-Leipzig-Weg möglichst rasch und gewinnbringend zu nehmen. Ansonst ist alles beim alten, Austria, Sturm und Rapid bilden selber aus und kaufen die Talente der kleineren Konkurrenten auf. Und schauen, was passiert.
Rapid ist in dieser Transferzeit eher erst mal beim Abspecken und versucht den Kader zu verschlanken. Für Mitläufer werden Abnehmer gesucht. Und punktuell wird der Kader mit Leuten aus der zweiten Mannschaft und mit internationalen Schnäppchen bestückt. Der Cousin von Hyper Hyper Lukaku hat so schon seinen Weg nach Hütteldorf gefunden. Keles wurde hochgezogen, andere Erfolgversprecher wurden erfolgversprechend verliehen.
Und ja, ich gestehe, ich gehöre zu jener Fraktion, die sich freuen würde, wenn nach einem Jelic-Abgang, Jimmy Hoffer wieder seinen Weg nach Hütteldorf findet. Denn gerade in diesen wüsten Zeiten, tun auch Spieler wieder gut, die einfach hierher gehören.