War ein harter Tag heute im Stadion. War kein guter Tag heute im Stadion. Trotz einer fantastischen Stimmung auf den Rängen. Trotz großer Vorfreude und großer Erwartungen. Die Bullen zu Gast in Hütteldorf. Und beide Mannschaften schon lange ungeschlagen. Beide Mannschaften mit einem starken Lauf. Schobesberger und Auer verlängert. Die Verletztenliste relativ kurz.
Und 46 Minuten lang hielt unser Team, was man sich als Fan von ihm versprach. Großer Kampf, großer Einsatz. Man hielt sehr gut dagegen, war eine gute Zeit lang auch besser als die Dosen aus Salzburg. Als unser Youngster Ljubicic das 1:0 besorgte, explodierte das Stadion förmlich. Man schien auf dem besten Weg.
Doch in nur wenigen Minuten kurz vor und kurz nach der Pause vergeigte Rapid die Punkte gegen Salzburg. In nur wenigen, aber völlig konfusen, Minuten schlug sich unsere Mannschaft heute selbst. Man ließ die Salzburger einfach gewähren und ließ einige verhängnisvolle Minuten lang jede Konsequenz vermissen. Kopflos und naiv lief man in diese Niederlage.
Danach versuchte das Team zu retten, was noch zu retten war. Kvilitaia traf einmal mit dem Kopf und einmal mit der Hand. Das war unterm Strich heute zu wenig. Und trotzdem hat man gesehen, was Rapid eigentlich leisten könnte. Wenn es die nächsten Schritte macht. Wenn es konsequent ein Spiel durchspielt und wenn es die kopflosen Minuten minimiert.
Und man hat gesehen – trotz des Kvilitaia-Treffers – dass unserem Kader einfach ein guter Stürmer fehlt. Mit einem effektiven Stürmer der Klasse Beric, Boyd oder Hoffer (zu ihrer besten Zeit bei Rapid) hätte Rapid einige Punkte mehr. Man könnte sich mit einer effizienten Chancenverwertung viel Nerven und viel Kraft ersparen. Joelinton hetzt wie ein Berserker über den Platz und ist überall nur nicht dort wo ein Stürmer zur rechten Zeit stehen muss. Kvilitaia stakst durch den Strafraum (neudeutsch nach Gogo „durch die Box“) und muss schon am Kopf getroffen werden, damit er trifft. Die Trefferquote ist ein Hohn. Im Winter muss Rapid einen neuen starken Stürmer holen. Unsere Kaderstürmer kann man getrost verschenken. Von Prosenik und Jelic mag ich gar nicht mehr sprechen.
Bei aller durchaus gscheiten Kaderpolitik des Sportdirektors fragt man sich auch, wozu man Petsos zurückholen musste.
Aber so oder so, Rapid muss seinen Weg weitergehen. Die letzten Wochen machten Mut. Und auch die heutige Niederlage wird einem diesen Mut nicht nehmen. Mit mehr Erfahrung, mit mehr gewachsenem Selbstvertrauen wird man das nächste Mal den Salzburgern zeigen, wer bald wieder die Nummer 1 der Liga sein wird.
Ein paar persönliche Worte zum heutigen Gegner bzw. zum Projekt Red Bull Salzburg allgemein:
Ja, dieser Verein ist erfolgreich, holt Doubles in Serie. Und bringt auch immer wieder einige gute junge Spieler für das Nationalteam hervor. Und dennoch ist mir dieses sterile, reißbrettartige Konzern-Marketing-Konzept zunehmend suspekt. Diese Express-Linie Liefering-Salzburg-Leipzig ist sicher gewinnmaximierend und trotzdem hat es mit Fußball wie er sein soll wenig zu tun. Denn Fußball, der wirkliche Fußball, lebt für mich vor allem auch von Identifikation der Fans mit den eigenen Farben, mit den eigenen Spielern. Die Farben hat man dem Verein von Anfang an genommen. Und die Spieler-Politik ist Jahr für Jahr die selbe. Man gewann zum x-ten Mal das Double, dann verlassen die wichtigen Spieler den Verein auf dem schnellsten Weg, vornehmlich Richtung Leipzig. Danach vergeigt man traditionell die Qualifikation für die Champions League, zieht ein paar talentierte Kicker von Liefering hoch, findet irgendwann in die Spur, gewinnt das Double und das Ganze geht von vorne los. Mit wem soll ein Fan sich identifizieren? Die gesichtslose Kickerware ist ja meist nicht mal lange genug da, um sie überhaupt kennenzulernen. Generell ist ein Verein, der ausschließlich dazu da ist, um den Absatz von Gummibären-Lulu mit Kohlesäure zu steigern, nicht das, was Fußball sein sollte.
Es ist bei mir persönlich dabei kein Hass oder keine schäumende Ablehnung, es ist ein großes Kopfschütteln und es ist einfach Desinteresse an einem Verein, der mit viel viel Geld erfolgreicher ist als andere mit weniger Geld – und darauf auch noch stolz ist. Worin liegt die Leistung für einen sündteuren Ferrari, wenn er schneller fährt als ein günstiger Skoda?