Das ist doch nicht Rapid.

„Es fehlt uns Ruhe und Routine.“ 

Goran Djuricin nach dem 2:1 gegen Wacker Innsbruck

Auf den Tribünen des Weststadions brodelt es immer wieder, es gärt, es ist laut, es wird frenetisch gefeiert, es wird dramatisch geschimpft. Letzten Sonntag wurde gefeiert. Die Ultras feierten ihren 30er. Also jede Menge Stimmung, Emotionen und Lichter und Konfetti. Und unsere Mannschaft führte sogar gegen Innsbruck. Doch irgendwie wurde ich persönlich immer ruhiger und stiller als ich meiner Mannschaft da so zuschaute.

Das ist doch nicht Rapid

Und es war nicht mal ein neues Phänomen, gemeinhin nennt man es in Hütteldorf wohl ganz einfältig „Ballbesitzfussball“ auch wenn es wenig mit diesem Stil zu tun hat, der in Perfektion umgesetzt annodazumals Spanien, Barcelona u.a. zu Ruhm und Ehren führte. Denn unsere statistischen Werte rühren vor allem daher, dass der Ball zwischen den beiden Innenverteidigern und/oder den beiden 6ern hin- und her- und hin- und hergeschoben wird. Gekrönt wird diese lähmende Spieleröffnung dann gerne mit einem hohen langen Ball ins Nirgendwo von einem der beiden Innenverteidiger.

Ich habe diese erbrechend langsame Hütteldorfer Abart des „Ballbesitzfussballs“ nie so wirklich verstanden. Aber unter Barisic führte sie uns immerhin zu ein paar Vizemeisterschaften. Damals wie heute haben wir auch das Wort Pressing (egal in welcher neudeutscher Form) oder früher gerne „Forechecking“ noch nicht in unser Repertoire aufgenommen. Im besten Fall ist es ein langsames dem aufbauenden Gegner entgegen Traben – oder ein einzelner Spieler kriegt einen Anfall und stürmt auf den ballführenden Spieler zu. Allerdings zu 99% völlig sinnlos, weil die Mitspieler nicht mitmachen.

Das langsame Traben zum Stil der Wahl in Hütteldorf geworden. Das „schnelle Umschaltspiel“ mag irgendwo anders stattfinden. Bei uns nur selten – und wenn dann ab und zu an einem europäischen Donnerstag. Da ist es immer wieder mal erstaunlich zu sehen, dass unsere Burschen auch schnell könnten.

Rapid hat kein Tempo

Denke ich an unsere Rapid, dann hat das für mich viel zu tun mit Feuer, mit Energie, mit Leidenschaft, mit Kampf, mit Laufbereitschaft. Und das sind alles aktive, energiegeladene Dinge. Das ist Aktion und nicht Reaktion. Und vor allem ist es auch Geschwindigkeit. In der subjektiven Einschätzung spielt Rapid sehr sehr oft, langsam, zirkulierend, gemächlich und behäbig. Das soll wohl auch Souveränität ausstrahlen. Aber für mich heißt Rapid viel mehr immer wieder anrennen, immer wieder (mit Hirn und System) versuchen und nie locker lassen, dem Gegner keine Zeit zum Luftholen geben. Den Gegner immer wieder unter Druck setzen, nicht locker lassen, immer wieder anbohren. Mit Energie. Für mich sollte unser Stil Metal sein, momentan sieht es nach „Lamourhatscher“ aus. Und ich weiß nicht, woran das liegt, dass unsere Spieler sich so gerne langsam bewegen. Vielleicht geht ihnen einfach die Kraft aus. Oder sie haben keine Lust oder beides. Bei den wenigen schnellen Gegenstößen sieht man auch, dass meist der eine nicht weiß, wo der andere gleich hinlaufen wird. Laufwege weitgehend unbekannt  – als sähe man sich zum ersten Mal …

Tja, das dachte ich mir gestern so zu unserer Rapid, als ich sie so über den Platz traben sah. Und mit viel Glück drei Punkte gegen Wacker retten. Vermutlich ist das ja alles so geplant und gewollt. Von unserer sportlichen Leitung. Keine Ahnung. Von mir auf jeden Fall nicht.

ra·pid {raˈpiːt,rapíd/} Adjektiv, österreichisch

Bedeutung: etwas, das in schnellem Tempo passiert

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