Dosenfurcht

Seit das Fuschler Dosenimperium in den Fussball eingestiegen ist, ist vieles anders hierzulande. Und seit die das auch noch erfolgreich machen, ist noch viel mehr anders geworden. In der Regel gewinnen sie nämlich jetzt jeden Titel. Sie werden in Serie Meister und Cupsieger. Und das ist für erfolgsverwöhnte Traditionsvereine natürlich – im wahrsten Sinne – schwer zu schlucken. Machten früher Rapid, Sturm und manchmal auch die Violetten vom Verteilerkreis sowie Austria Salzburg die Titel unter sich aus, so ist jetzt ein Erfolg dieser Vereine die große Ausnahme.

Und so falsch und verkehrt die Politik dieses Vereins zur Förderung eines Energydrinks für Fans auch sein mag – von den Farben bis zum Umgang mit der Identität des alten Vereins – so viel macht der Verein auch sportlich richtig.

Fehler 1: Nicht vermischen

Und ich finde genau diesen Fehler sollte man vermeiden. Man muss den Milliardär aus Fuschl nicht mögen, auch nicht sein Gesöff oder seine Firmenpolitik. Mir persönlich ist das Projekt nach wie vor emotional extrem unsympathisch – Aber man muss (leider) auch ganz nüchtern erkennen, was RBS im österreichischen Fussball bewegt hat.

Natürlich mit vielen vielen vielen Millionen Anschubfinanzierung und daher auch für einen normalen Verein genau so nicht nachzumachen, wie Stumpfhirne das immer fordern.

ABER, das sportliche Erfolgsmodell, das dort seit einigen Jahren praktiziert wird, ist beeindruckend. Von Liefering bis Liverpool führt der Weg über Salzburg über eine klare, gute, einfache sportliche Struktur. Man weiß, wie man spielen will, man weiß, wie man auftreten will und zieht das mit all seinen Möglichkeiten auch konsequent durch. Und das sieht man zum einen in der heimischen Nationalmannschaft, wo viele Stammspieler einen „Bullenbackground“ haben bis hin zu internationalen Topstars wie Mané oder Haaland, die große Karrieren gemacht haben bzw. noch machen werden. (Wir freuen uns schon, wenn es ein Talent von uns einmal auf die Ersatzbank von Barcelona bringt.)

Es ist abseits der Rahmenbedingungen auch der Spielstil, für den RBS steht, der mich persönlich anspricht. Ich mag das aggressive Pressing, ich mag das laufintensive Spiel, ich mag den Druck und die Kraft, die da dahinter steckt.

Und das kann ich und muss ich trennen vom Rest. Von diesem sehr nüchtern durchkalkulierten, rationalen Marketing-Gerüst, das hochprofessionell, um die Dosenklubs aufgezogen wird. Als melancholischer Fussball-Fan ist mir dieses Raubritter-Marketing zuwider. Es ist dort nichts natürlich gewachsen, es ist alles künstlich hochgezogen und viel zu viel Plastik. (Wobei gerade hier noch Rapid am ehesten die Bullen gut zu imitieren scheint, wenn ich mir unsere Fanshops so anschaue.)

Wir müssen sie sportlich studieren und kopieren …

Doch abseits der Fanshops wäre es so viel wichtiger, von den Bullen sportlich zu lernen. Von der eigenen Philosophie bis zum kraftvollen Auftreten auf dem Platz. Von professionellen Strukturen bis zur akribischen Arbeit von ehrgeizigen Freaks (die nicht dutzende Teamspiele auf dem Buckel haben).

Ich werde nicht vergessen, wie das – natürlich nicht Rapid, sondern – der LASK bis vor kurzem noch versuchte. Klare Kaderstruktur, klarer Plan, klare Philosophie und Trainer, die das perfekt umsetzen – zumindest Glasner und Ismael. So wurde man zu „kleinen Bullen“ und nach 22 Spielen der Saison 2019/20 war man 6 Punkte vor den Bullen. („Des geht jo goar ned, die Soizburger haum jo vü mehr Göd.“ würde unser letzter Ex-Trainer dazu wohl sagen.) Gottseidank haben die Linzer sich dann selbst zu Fall gebracht, einen falschen Trainer geholt und das sportliche Mastermind verloren.

Aber wenn das der LASK konnte, warum sollte das der Rekordmeister aus Hütteldorf nicht können? Jaja, schon klar, ein schlafender Präsident und viel Selbstzufriedenheit auf vielen Ebenen wird das wohl weiter verhindern. Aber wenn die Zeit dann mal gekommen ist, dass Rapid den Schritt in unser Jahrhundert schafft und die Dosen nicht (nur) als mühsames Ärgernis sondern auch als willkommene sportliche Vorlage sieht, dann ist vieles möglich.

GWG!

2 Thoughts

  1. Sensationell geschrieben und auf den Punkt gebracht! Dem ist nichts hinzuzufügen, hoffe es lesen auch die Rapid-Verantwortlichen und nehmen sich diese Zeilen zu Herzen!

    Gefällt 2 Personen

  2. Ich trenne bei diesem Konstrukt auch das, was man während der 90 Minuten zu sehen kriegt und den „Rest“. Der Fußball nach deren DNA ist wirklich attraktiv anzusehen. Der Zielstrebigkeit des „Vereins“ kommt halt auch diese nur wenig vereinsgemäße Struktur zurecht. Das ist ja beim deutschen Ableger ähnlich und Tedesco sprach daher ja auch neulich von einem „innovativen Unternehmen“ bei seiner Vorstellung.
    Was mich nur bei all diesen Vereinen wundert: da wird Marketing nach Strich und Faden angewendet – aber ob bei RB, SAP oder VW: die verpennen alle, daß es auch Sympathieträger braucht, um beim Kunden/Fan gut anzukommen.

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